Hier finden Sie Antworten auf die häufigsten Fragen
Opfer von Straftaten haben Rechte, die vor allem im Verbrechensopfergesetz (VOG) und in der Strafprozessordnung (StPO) verankert sind. Wir haben die Fragen, die uns am Opfer-Notruf am häufigsten gestellt werden, zusammengetragen und bieten hier erste Antworten zum Nachlesen an.
Diese Aufstellung ersetzt keinesfalls das Gespräch mit Expert*innen. Sie soll vielmehr eine erste Information vermitteln bzw. zum Nachlesen dienen. Denn oft sind es die Details des Einzelfalls, die den Unterschied machen.
* Alarmieren Sie die Polizei unter der Notrufnummer 133 (rund um die Uhr erreichbar)!
* Gehörlose können unter 0800 133 133 telefonisch und per Fax oder per E-Mail an gehoerlosennotruf@polizei.gv.at
* polizeiliche Hilfe herbeirufen.
* Bewahren Sie Ruhe!
* Geben Sie Ihren Namen, den Vorfallsort und eine Telefonnummer für allfällige Rückfragen bekannt!
* Schildern Sie kurz, was passiert ist!
* Beenden Sie das Gespräch erst, wenn Ihnen das seitens der Einsatzzentrale mitgeteilt wird.
Die Polizei ist verpflichtet, Ihnen sofort zu Hilfe zu kommen und die notwendigen Schritte einzuleiten. Wenn es zu einer strafbaren Handlung gekommen ist, muss die Polizei jedenfalls eine Anzeige aufnehmen, welche auch gegen eine*n noch unbekannte Tatperson lauten kann.
Wenn es notwendig ist, kann die Polizei eine gewalttätige Person in Haft nehmen oder sie von einem Ort wegweisen. Findet Gewalt in Wohnungen statt, kann auch eine gewaltbereite oder gewalttätige Person aus der Wohnung weggewiesen und ein Betretungsverbot ausgesprochen werden. Dabei spielt es keine Rolle, wem die Wohnung gehört oder wer sie gemietet hat.
Beachten Sie, dass Gewalt in vielen unterschiedlichen Formen auftreten kann und neben körperlicher Gewalt auch psychische Gewalt umfasst. Jemand kann Sie beispielsweise stark belästigen, Ihnen gefährlich drohen, in Ihre Wohnung einbrechen oder Ihre Sachen zerstören. Jemand könnte Sie aber auch verletzen oder vergewaltigen.
Wollen Sie sich darüber informieren, wie Sie Ihre unmittelbare, private Umgebung „sicherer“ gestalten, wie Sie sich vor möglichen Gefahren besser schützen können, steht Ihnen die Kriminalprävention des Bundeskriminalamtes zur Verfügung. Sehen Sie dazu im Internet unter https://www.bundeskriminalamt.at/202/start.aspx
nach oder informieren Sie sich unter
+43 (0) 1/24836-985452
bzw.
kriminalpraevention@bmi.gv.at.
* Jede*r, die / der von einer strafbaren Handlung erfährt, darf bei jeder Polizeiinspektion oder direkt bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstatten.
* Für Privatpersonen besteht keine Pflicht zur Anzeigeerstattung.
* Eine Pflicht zur Anzeigeerstattung trifft beispielsweise Ärzte und Ärztinnen, wenn sich ein Opfer in ihrer Ordination oder im Krankenhaus untersuchen bzw. behandeln lässt.
Sie sind bei der Anzeigeerstattung nicht räumlich begrenzt. Sie könnten also beispielsweise eine Straftat, die in Wien begangen wurde, in Salzburg zur Anzeige bringen. Im Idealfall oder im Regelfall sollten Sie aber jene Polizeiinspektion wählen, die dem Tatort am nächsten liegt.
Es gilt zu beachten, dass man mit gutem Grund und Gewissen davon auszugehen hat, dass die Straftat tatsächlich begangen wurde.
Gerade das Opfer einer Straftat hat immer wieder Zweifel daran, ob es eine Strafanzeige erstatten soll oder nicht. Denken Sie etwa an Fälle, wo der / die Tatperson zum Bekanntenkreis zählt, oder gar zur Familie. Nutzen Sie, wenn auch Sie Zweifel hegen, jedenfalls die Möglichkeit und sprechen Sie darüber mit den Mitarbeiter*innen des Opfer-Notrufs unter 0800 112 112 oder der Frauenhelpline unter 0800 222 555. Kostenlos und anonym können Sie dort Ihre Situation besprechen, Rat und Auskunft einholen und dann darüber nachdenken, was das Vernünftigste für Sie ist.
Beim Erstatten einer Anzeige gelten klare Regeln.
* Sachgerechte und schonende Behandlung durch die Polizeibeamt*innen.
* Belehrung über die Ihnen zustehenden Rechte, insbesondere über die Möglichkeit von Entschädigungs- oder Hilfeleistungen (insbesondere auch zur Möglichkeit der Prozessbegleitung) unter Hinweis auf Kontaktmöglichkeiten von Hilfsorganisationen.
* Beiziehung einer Vertrauensperson oder eines Prozessbegleiters bzw. einer Prozessbegleiterin zur Anzeigeerstattung (siehe auch Prozessbegleitung).
* Bei Anzeige einer Straftat gegen Ihre sexuelle Integrität haben Sie das Recht, nach Möglichkeit von einer Person desselben Geschlechts vernommen zu werden.
* Möglichkeit der Verweigerung der Antwort auf Fragen, die Ihren höchstpersönlichen Lebensbereich betreffen sowie auf Fragen über Einzelheiten der Straftat, deren Beantwortung Sie als unzumutbar betrachten.
* Als Opfer besteht für Sie keine Verpflichtung, sich einer körperlichen Durch- oder Untersuchung zu unterziehen bzw. unbekleidete Körperstellen zu zeigen, wenn Sie dies nicht möchten.
* In manchen Fällen kann die sofortige Besichtigung des unbekleideten Körpers eines Opfers aber sinnvoll sein, etwa, wenn es zu Verletzungen gekommen ist. Dann ist diese aber von einer Person des gleichen Geschlechts oder von einem Arzt oder einer Ärztin unter besonderer Beachtung Ihrer Würde durchzuführen.
* Minderjährige Opfer haben darüber hinaus das Recht, nur im Beisein einer Vertrauensperson befragt zu werden und von einer/einem speziell ausgebildeten Polizeibeamt*in oder einer anderen qualifizierten Person einvernommen zu werden.
* Sinngemäße Niederschrift Ihrer Aussage in Erzählform. Sollten Sie es als erforderlich erachten, können Sie verlangen, dass Ihre Aussage wörtlich wiedergegeben wird.
* Schon bei der Anzeige sollten Sie vorhandene Beschädigungen und Verletzungen möglichst genau beschreiben. Vielleicht haben Sie sogar Fotos gemacht oder es liegen Ihnen andere Beweismittel vor, die Sie am besten gleich mitbringen und vorlegen.
* Überprüfen Sie dasProtokoll: am Ende des Protokolls finden Sie eine „Belehrung“, wonach Sie berechtigt sind, das Protokoll zu ergänzen oder zu berichtigen.
* Unterschrift des Protokolls.
* Ausfolgung einer Kopie der Niederschrift, wenn Sie dies wünschen.
Mit der Anzeige beginnt das Strafverfahren, da die Polizei verpflichtet ist, mit den Ermittlungen zu beginnen. Wie diese Ermittlungen aussehen, hängt vom Einzelfall ab. Das Ermittlungsverfahren ist ein kompliziertes Zusammenspiel von Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht.
Diese Frage muss man mit Nein beantworten. Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft sind nämlich verpflichtet, jeden ihnen zur Kenntnis gelangten Verdacht einer Straftat zu verfolgen.
Davon gibt es aber Ausnahmen – diese betreffen strafbare Handlungen, die man Privatanklage- und Ermächtigungsdelikte nennt, weil sie der Gesetzgeber als nicht derart gravierend für das sogenannte öffentliche Interesse betrachtet.
Privatanklagedelikte sind etwa Üble Nachrede, Beleidigung oder die Verletzung des Briefgeheimnisses. Wenn diese strafbaren Handlungen erfüllt werden und Sie als Opfer eine Bestrafung der Tatperson herbeiführen wollen, müssen Sie die Straftat selbst, also als Privatperson anklagen. Die Staatsanwaltschaft verfolgt die Sache nicht. Sollte diesfalls allerdings ein Freispruch erfolgen, kann Ihnen – trotz beigegebener Prozessbegleitung – ein Ersatz der Kosten des Verfahrens, insbesondere auch der Kosten der Verteidigung des Angeklagten, auferlegt werden. Sollten Sie überlegen, Privatanklage zu erheben, sollten Sie daher immer auch das vorhandene Kostenrisiko berücksichtigen!
Ermächtigungsdelikte dürfen Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft zwar verfolgen, sie müssen aber unverzüglich die Ermächtigung von einer dazu berechtigten Person – also vom Opfer – einholen. Diese Ermächtigung können Sie bis zum Schluss des Beweisverfahrens der Hauptverhandlung wieder zurücknehmen. In einem solchen Fall kommt es zum Freispruch des / der Beschuldigten. Wenn Sie sich als Privatbeteiligte*r (Näheres siehe unten) dem Strafverfahren anschließen, dann gilt dies immer als Ermächtigung dafür, dass die Staatsanwaltschaft die Handlung verfolgen darf.
* Recht, dass alle Behörden während des Verfahrens Ihre persönliche Würde beachten und Ihre Intimsphäre respektieren.
* Recht, sich vertreten zu lassen, und zwar durch einen Anwalt bzw. eine Anwältin, eine*n rechtskundige*n Freund*in oder Mitarbeiter*in einer Opferschutz-Einrichtung.
* Recht auf Akteneinsicht sowie auf Erstellung von Kopien von Akteninhalten, soweit die eigenen Interessen betroffen sind. Für die Anfertigung von Kopien sind aber möglicherweise Gebühren zu zahlen.
* Recht auf Information vom Gegenstand des Verfahrens sowie über Ihre wesentlichen Rechte vor Ihrer Vernehmung.
* Recht auf Information, wenn der / die Beschuldigte entweder aus der Verwahrungs- oder der Untersuchungshaft entlassen wird, wenn Sie Opfer von Gewalt, gefährlicher Drohung, einer Beeinträchtigung oder ihrer sexuellen Integrität geworden sind oder Ihre persönliche Abhängigkeit ausgenützt wurde. Bei anderen Straftaten müssen Sie beantragen, dass Sie über die Haftentlassung informiert werden möchten.
* Recht auf Information über die Einstellung und die Fortführung des Verfahrens und über die Abbrechung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft.
* Recht auf umfassende Belehrung über Ihre Rechte im Falle einer diversionellen Erledigung des Verfahrens, so etwa auch wenn sich die/der Beschuldigte bereit erklärt, den Schaden gutzumachen.
* Recht auf Übersetzungshilfe, wenn Sie der deutschen Sprache nicht mächtig, gehörlos oder stumm sind.
* Recht auf Teilnahme an einer kontradiktorischen Vernehmung von Zeug*innen und Beschuldigten sowie einer Tatrekonstruktion
* Recht, Fragen an Zeug*innen, Beschuldigte und Sachverständige zu richten.
* Recht auf Teilnahme an der Hauptverhandlung und Abgabe von Erklärungen hinsichtlich Ihrer Ansprüche sowie der gewünschten Fortführung eines Verfahrens im Falle einer Einstellung durch die Staatsanwaltschaft.
Wenn Sie Akteneinsicht in Anspruch nehmen wollen, informieren Sie sich, wo und wann Sie das können. Grundsätzlich ist dies je nach Lage des Verfahrens entweder bei der Kriminalpolizei, bei der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht möglich. Sie wird während der Amtsstunden in den Amtsräumen der jeweiligen Behörde oder des Gerichts gewährt.
Eine Einstellung des Strafverfahrens ist durch die Staatsanwaltschaft etwa dann vorzunehmen, wenn sie die strafbare Handlung – bei Abwägung aller Umstände – als geringfügig betrachtet oder wenn sie die Begehung der Straftat als nicht erwiesen ansieht.
* jede Person, die durch eine vorsätzlich begangene Straftat Gewalt oder gefährlicher Drohung ausgesetzt, in ihrer sexuellen Integrität beeinträchtigt oder deren persönliche Abhängigkeit durch eine solche Straftat ausgenützt worden sein könnte,
* die/der Ehegatt*in, die/der Lebensgefährt*in, die/der eingetragene Partner*in, Verwandte in gerader Linie (Eltern, Kinder, Enkelkinder), der Bruder oder die Schwester und sonstige Unterhaltsberechtigte einer Person, deren Tod durch eine Straftat herbeigeführt worden sein könnte oder andere Angehörige, die Zeug*innen der Tat waren,
* Opfer terroristischer Straftaten (§ 278c StGB),
* Opfer von beharrlicher Verfolgung (§ 107a StGB – Näheres siehe unten), fortdauernder Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems (§ 107c StGB) und Verhetzung (§ 283 StGB),
* Opfer von übler Nachrede (§ 111 StGB), Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung (§ 113 StGB), Beleidigung (§ 115 StGB) und Verleumdung (§ 297 StGB), wenn auf Grund bestimmter Anhaltspunkte angenommen werden kann, dass eine solche Tat im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems begangen wurde, und
* Minderjährige, die Zeug*innen von Gewalt im sozialen Nahraum (Gewalt in der Familie, Gewalt an Kindern) waren,
soweit dies gewünscht wird und dies zur Wahrung der prozessualen Rechte unter größtmöglicher Bedachtnahme auf die persönliche Betroffenheit erforderlich ist. Zur Einschätzung der persönlichen Betroffenheit ist ein persönliches Gespräch zu führen, bei welchem insbesondere die Person des Opfers, die Schwere des Delikts an sich sowie der verursachten Folgen Berücksichtigung finden.
Bei der psychosozialen Prozessbegleitung geht es darum, dass Sie als Opfer einer Straftat, zum einen auf das Strafverfahren, das mitunter belastend sein kann, vorbereitet werden und zum anderen, dass Sie zu Vernehmungen und Verhandlungen begleitet werden. Dadurch sollen Sie im Prozess unterstützt und gestärkt werden. Opfern, die in ihrer sexuellen Integrität verletzt worden sein könnten und das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist jedenfalls psychosoziale Prozessbegleitung zu gewähren.
Im Rahmen der juristischen Prozessbegleitung werden Sie über rechtliche Belange beraten und durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt im Strafverfahren vertreten. Prozessbegleitung kann schon vor der Anzeigeerstattung einsetzen und ist jedenfalls ratsam, wenn Sie bereits im Strafverfahren Schadenersatz geltend machen wollen.
Ob Ihnen psychosoziale und juristische Prozessbegleitung zukommt, entscheiden jene Hilfsorganisationen, die vom Bundesministerium für Justiz vertraglich beauftragt wurden. Informationen über diese Organisationen bietet der Opfer-Notruf unter 0800 112 112.
Erfüllen Sie die Voraussetzungen für eine juristische Prozessbegleitung nicht, wollen Sie aber dennoch als Privatbeteiligte/r von einer Anwältin oder einem Anwalt vertreten werden, dann haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, Verfahrenshilfe zu beantragen (mehr dazu unter Verfahrenshilfe).
Die Privatbeteiligung bedeutet die Möglichkeit einer/s Strafrichter*in im Rahmen des Verfahrens auch über die privatrechtlichen Ansprüche des Opfers, die durch die strafbare Handlung entstanden sind, zu entscheiden. Ein privatrechtlicher Anspruch ist etwa der Anspruch auf Schadenersatz wegen kaputter Kleider, Brillen oder anderer Sachen, auf Schmerzengeld oder ganz einfach auf Zurückgabe beispielsweise einer gestohlenen Sache.
Dies ist bei Vorliegen folgender Voraussetzungen möglich:
* Erklärung des Opfers gegenüber der Kriminalpolizei, bei der Staatsanwaltschaft oder vor Gericht, sich dem Verfahren als Privatbeteiligte*r anzuschließen.
* Das Vorliegen dieser Erklärung bis zum Schluss des Beweisverfahrens in der Hauptverhandlung.
* Das Vorliegen eines privatrechtlichen Anspruchs.
* Nachvollziehbare Behauptung und Bezifferung des eingetretenen Schadens.
* Es muss auf einfachem Wege festgestellt werden können, dass Ihnen ein Anspruch auf Ersatz eines Schadens tatsächlich zusteht.
* Schuldspruch der Tatperson im Strafverfahren.
Idealerweise sollten Sie so früh wie möglich erklären, dass Sie sich dem Verfahren als Privatbeteiligte*r anschließen wollen. Bestenfalls geschieht dies schon bei der Anzeigeerstattung. Kosten entstehen Ihnen durch diese Erklärung oder den Anschluss an das Verfahren nicht.
Ungeachtet dessen bleibt Ihnen die Möglichkeit, Ihre (darüber hinausgehenden) Ansprüche im Zivilrechtsweg geltend zu machen. Sie werden in diesem Fall von der/dem Strafrichter*in bei der Urteilsverkündung auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden, um Ihre privatrechtlichen Ansprüche durchzusetzen. Informieren Sie sich rasch über die Vorgehensweise, wie Sie das am besten anstellen. Dadurch verringern Sie das Risiko, dass Ihr Anspruch möglicherweise verjährt.
Wurde Ihnen juristische Prozessbegleitung kostenlos zur Verfügung gestellt, hat diese die Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Privatbeteiligung wahrzunehmen. Steht Ihnen eine solche nicht zur Verfügung, ist es ratsam, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. In diesem Fall können Sie bei finanziellen Schwierigkeiten Verfahrenshilfe beantragen.
Oft ist es schwierig festzustellen, wie hoch der Betrag des Schmerzengeldes ist, der Ihnen zusteht. Das Ausmaß des Schadens oder der erlittenen Beeinträchtigung ist von Amts wegen festzustellen, soweit dies auf Grund der Ergebnisse des Strafverfahrens oder weiterer einfacher Erhebungen möglich ist. Wird für die Beurteilung einer Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung ein*e Sachverständige*r bestellt, so hat ihr/ihm Staatsanwaltschaft oder Gericht auch die Feststellung der Schmerzperioden aufzutragen.
Die Feststellung der Schmerzperioden bedeutet nichts anderes, als dass die/der Sachverständige ausführt, wie viele Tage oder Wochen Sie starke, mittelstarke oder schwache Schmerzen aufgrund der zugefügten Verletzung gehabt haben. Die Tage dieser Perioden multipliziert die/der Richter*in mit einem festgelegten Geldbetrag und daraus ergibt sich das Schmerzengeld, das Ihnen zusteht.
Zusätzliche Rechte der/des Privatbeteiligten:
* Das Recht, schon im Ermittlungsverfahren Beweise zu beantragen. Wird einem Beweisantrag nicht stattgegeben, so haben Sie das Recht, darüber eine gerichtliche Entscheidung zu verlangen.
* Das Recht, im Falle einer Einstellung des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Fortführung des Verfahrens einzubringen.
* Das Recht, eine Anklage aufrechterhalten, wenn die Staatsanwaltschaft von der Anklage zurücktritt, es sei denn, das Verfahren wurde diversionell erledigt.
* Das Recht auf Beschwerde beim Rechtsmittelgericht im Falle der Einstellung durch Beschluss des Gerichts.
* Das Recht auf Ladung zur Hauptverhandlung.
* Das Recht, Angeklagte, Zeug*innen und Sachverständige in der Hauptverhandlung zu befragen, Beweisanträge zu stellen und am Ende des Verfahrens Ihre Ansprüche auszuführen und dazu Begründungen abzugeben.
* Das Recht auf Erheben einer Berufung, wenn über Ihre privatrechtlichen Ansprüche nicht entschieden wurde.
Über den Antrag auf Fortführung entscheidet das zuständige Gericht, wenn ihm nicht zuvor die Staatsanwaltschaft selbst stattgibt. In diesem Antrag können Sie behaupten, dass die Einstellung zu Unrecht erfolgt ist (d.h. entgegen eines für eine Anklage ausreichenden Tatverdachts bzw. ohne Ausschöpfung aller möglichen und erfolgversprechenden Ermittlungen). Sie können aber auch neue Tatsachen oder Beweismittel anführen, die eine andere Beurteilung ermöglichen. Wichtig ist, dass Sie einen solchen Antrag binnen 14 Tagen nachdem Sie von der Einstellung verständigt wurden, einbringen. Rechtliche Beratung ist in diesem Fall dringend zu empfehlen.
Im Falle der Aufrechterhaltung der Anklage werden Sie zur/zum sogenannten Subsidiarankläger*in. Damit ist allerdings ein Kostenrisiko verbunden. Als Subsidiarankläger*in müssen Sie die Kosten des Verfahrens tragen, wenn die/der Beschuldigte freigesprochen wird. Rechtliche Auskunft ist daher unerlässlich.
Werden Sie als Privatbeteiligte*r zu einer Verhandlung geladen, dann müssen Sie dieser Ladung nicht Folge leisten. Das Gericht hat in diesem Fall dennoch über bereits bezifferte Begehren zu entscheiden. Damit verzichten Sie allerdings auf die Möglichkeit, sich aktiv am Verfahren zu beteiligen. Verwechseln Sie diese Ladung als Privatbeteiligte*r aber keinesfalls mit einer Ladung als Zeug*in! Wenn Sie als Zeug*in geladen sind, dann müssen Sie unbedingt bei der Verhandlung erscheinen.
Erfüllen Sie die Voraussetzungen für eine juristische Prozessbegleitung nicht, wollen aber dennoch als Privatbeteiligte*r von einer Anwältin oder einem Anwalt vertreten werden, dann haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe befreit Sie zumindest vorübergehend von sämtlichen oder von einem Teil der Kosten des Gerichtsverfahrens. Es kann Ihnen auch eine kostenlose Rechtsanwältin oder ein kostenloser Rechtsanwalt beigestellt werden. Hierfür müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
* Gefährdung Ihres eigenen Unterhalts oder jenes Ihrer Familie im Falle der Bestreitung der Kosten des Verfahrens
* Keine Aussichtslosigkeit des Verfahrens
* Das Verfahren wird nicht mutwillig betrieben
* Antrag auf Verfahrenshilfe samt Vermögensbekenntnis
Im Vermögensbekenntnis sind Ihr Einkommen, Ihre Ersparnisse, Ihre Ausgaben wie Miete aber auch Ihre Unterhaltspflichten wahrheitsgemäß anzugeben. Die Angaben dieses Vermögensbekenntnisses müssen Sie bescheinigen. Das erfolgt in der Regel durch Urkunden, die Sie dem Vermögensbekenntnis beilegen. Beachten Sie, dass diese Urkunden nicht älter als vier Wochen sein dürfen.
Die Befreiung von den Kosten des Verfahrens erfolgt bloß vorübergehend, weil Sie im Falle der Besserung Ihrer Vermögenslage unter Umständen die Verfahrenskosten nachzahlen müssen. Dies gilt für einen Zeitraum von drei Jahren. Sie können also drei Jahre nach Prozessende vom Gericht die Aufforderung bekommen, ein neues Vermögensbekenntnis vorzulegen.
Sie haben seit 01.01.2008 auch als Opfer einer Straftat die Möglichkeit, in den Genuss von Verfahrenshilfe zu kommen. Dazu müssen Sie sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte*r anschließen und Verfahrenshilfe, wie oben geschildert, bei Gericht beantragen. Außerdem dürfen Sie keinen Anspruch auf juristische Prozessbegleitung haben.
Wenn Sie sich über die Verfahrenshilfe informieren wollen, dann finden Sie Informationen auf der Homepage des Bundesministeriums für Justiz (https://www.justiz.gv.at/home/service/verfahrenshilfe~960.de.html).
Da für Sie als Opfer keine Gerichtsgebühren oder Ähnliches anfallen, beschränkt sich die Verfahrenshilfe im Strafverfahren auf die Beistellung einer kostenlosen Rechtsanwältin oder eines kostenlosen Rechtsanwalts.
Vorweg sei festgehalten, dass der Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung unabhängig von der Finanzierung der juristischen Prozessbegleitung besteht.
Gemäß § 66b Abs 3 StPO wird Opfern Prozessbegleitung nach Prüfung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen von den vom Bundesministerium für Justiz vertraglich mit der Prozessbegleitung beauftragten Opferhilfe-Einrichtungen gewährt.
Bei Bestehen eines Versicherungsschutzes, der die Kosten des Verfahrens bzw. Ihrer Vertretung deckt, ist zu entscheiden, ob auf diesen oder die kostenlose juristische Prozessbegleitung zurückgegriffen wird. Diese Frage stellt sich bei allen Versicherungen, die eine entsprechende Deckung vorsehen. In der Regel umfasst der Versicherungsschutz einer Rechtsschutzversicherung etwa auch die Geltendmachung von
Schadenersatzansprüchen wegen erlittener Personen-, Sach- oder Vermögensschäden.
Die Entscheidung, ob juristische Prozessbegleitung oder eine Rechtsschutzversicherung in Anspruch genommen wird, ist von jedem Opfer selbst zu treffen. Opfer haben, sofern die Voraussetzungen hiefür vorliegen, einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Gewährung juristischer Prozessbegleitung und können daher nicht gezwungen werden, auf privatrechtlich getroffene Eigenvorsorge zurückzugreifen. Bei Inanspruchnahme durch Ihre Versicherung gedeckter Vertretung ist die juristische Prozessbegleitung
jedoch in jedem Fall unzulässig.
In vielen Fällen ist das Opfer auch Zeug*in. Wer, wenn nicht Sie, weiß am besten über das Geschehene Bescheid.
Die Rechte und Pflichten einer/eines Zeug*in im Überblick:
* Erscheinen vor Gericht in Entsprechung der zugestellten Ladung, andernfalls eine Vorführung durch die Polizei droht oder Sie Kostenfolgen treffen.
* Im Verhinderungsfall (z.B. eine schon lange gebuchte Reise, beruflicher Auslandsaufenthalt, Krankheit) ist die/der zuständige Richter*in zu informieren, dies am besten schriftlich. Beachten Sie hier, dass eine berechtigte Entschuldigung erst dann vorliegt, wenn diese vom Gericht angenommen wurde.
* Einvernahme zur Sache nach Aufruf Ihres Namens bei Gericht. Zuerst werden Ihre Daten wie Name, Geburtsdatum, Beruf und Adresse aufgenommen. Wenn Sie Angst haben, Ihre Daten laut vor der/dem Richter*in anzugeben, dann können Sie in der Regel auch die Adresse Ihres Arbeitsplatzes angeben. Sind Ihre Daten schon gerichts- bzw. aktenbekannt, können Sie sich auch darauf einfach berufen.
* Wahrheitsgemäße Aussage nach Belehrung über die Aussagebefreiungs- bzw. ‑verweigerungsgründe und die gerichtliche Strafbarkeit einer falschen Aussage. Eine Falschaussage ist selbst dann gerichtlich strafbar, wenn Sie aussagen, dass Sie sich an nichts erinnern könnten, dies aber nicht stimmt.
* Bei Ihrer Einvernahme als Opfer von Gewalt, gefährlicher Drohung oder Beeinträchtigung der sexuellen Integrität bzw. bei einer solchen Straftat unter Ausnützung ihrer persönlichen Abhängigkeit haben Sie das Recht, eine*n Prozessbegleiter*in zur Verhandlung mitzubringen. Das gilt auch für unterschiedliche Angehörige eines Opfers, das durch eine Straftat getötet wurde.
* Im Anschluss an Ihre Einvernahme können Sie Gebühren für Zeug*innen wie z.B. Fahrtspesen geltend machen und eine Zeitbestätigung verlangen.
Opfer von Straftaten – oder ganz allgemein Zeug*innen – sind immer wieder besorgt, dass sie sich nicht mehr konkret erinnern können, was sie bei der Einvernahme bei der Polizei ausgesagt haben. Häufig haben sie Angst, ob das für sie „gefährlich“ werden kann oder ob sie deswegen als unglaubwürdig angesehen werden.
Hier ist darauf zu verweisen, dass Sie als Opfer in aller Regel eine Abschrift Ihres Anzeigeprotokolls erhalten. Im Übrigen geschieht es häufig, dass man Einzelheiten und Details einfach verdrängt oder vergisst. Meist kommen aber die Erinnerungen wieder. Vertrauen Sie auf Ihr Gedächtnis!
Bei Vorliegen bestimmter Gründe sind Sie von einer Aussage befreit. Das gilt insbesondere dann, wenn Sie gegen Angehörige oder Ihre*n Lebensgefährt*in aussagen sollen. Von der Aussage sind Sie aber nicht befreit, wenn Sie sich als Privatbeteiligte*r dem Verfahren anschließen, um Ihre privatrechtlichen Ansprüche durchzusetzen. Darüber hinaus steht Ihnen ein Aussageverweigerungsrecht zu, wenn Sie sich im Falle einer wahrheitsgemäßem Aussage selbst belasten müssten.
Wenn Sie, aus welchen Gründen auch immer, Angst vor dem/der Beschuldigten haben, sprechen Sie umgehend mit der Polizei, besser noch: der/dem zuständigen Richter*in.
Grundsätzlich ist es so, dass man eine Adresse in den Akt aufnehmen muss, an der Sie erreicht werden können. Schließlich muss man Sie zu den Verhandlungen laden können und dies erfolgt im Postwege. Dies kann aber auch die Adresse Ihrer Arbeitsstelle sein oder die Adresse einer Opferhilfe-Einrichtung.
Wenn Ihre Wohnadresse bereits im Akt aufscheint, kann die/der zuständige Richter*in nachträglich verfügen, dass Ihre Daten und insbesondere Ihre Adresse vom Recht auf Akteneinsicht des/der Beschuldigten ausgenommen werden. In diesem Fall können jene Schriftstücke, auf denen sich Ihre Adresse befindet, von der/dem Beschuldigten nicht eingesehen werden.
Das gilt nicht nur für Ihre Adresse sondern auch für Texte im Akt, die Rückschlüsse auf Ihre Identität zulassen. Wenn sich also im Akt ein Schriftstück befindet, in dem zwar nicht Ihre Adresse oder ähnliche Daten zu lesen sind, sich aber aus dem Text konkret ableiten lässt, wer Sie sind, kann auch dieses Schriftstück – oder Teile davon – von der Akteneinsicht ausgenommen werden.
Was für die Akteneinsicht gilt, gilt auch für Ihre Aussage als Zeug*in. Wenn für Sie wirklich eine ernste Gefahr damit einhergeht, dass etwa der/die Beschuldigte Sie erkennt, können Maßnahmen getroffen werden, die Sie vor dieser Gefahr schützen.
So besteht sogar die Möglichkeit, dass der Beschuldigte während Ihrer Einvernahme vorübergehend den Verhandlungssaal verlassen muss. Bei ernster Gefahr für Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit ist eine anonyme Einvernahme, bei der Ihr Erscheinungsbild verändert wird, möglich.
In zahlreichen Fällen kann Ihre Einvernahme auch über eine Videoanlage erfolgen. In solchen Fällen sitzen Sie und möglicherweise auch Ihre Vertrauensperson, gegebenenfalls auch Ihr*e Prozessbegleiter*in in einem eigenen Raum, während sich die/der Beschuldigte im Verhandlungssaal befindet. Dadurch ist sichergestellt, dass Sie der/dem Beschuldigten zumindest nicht unmittelbar begegnen.
All diese Fälle sind aber stark einzelfallbezogen. Es hängt von den konkreten Umständen des Falls ab, wie die/der Richter*in Ihre Einvernahme durchführt. Informieren Sie so bald wie möglich das Gericht oder eine Opferschutz-Einrichtung und teilen Sie dort Ihre Sorgen und Ängste mit. Je früher Sie das tun, desto besser kann man Sie auf Ihre Einvernahme vorbereiten oder Ihnen gegebenenfalls andere Hilfsmittel zur Verfügung stellen.
Diversion bedeutet die Beendigung eines Strafverfahrens – anders als mit Urteil – durch Rücktritt von der Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft oder das Gericht. Dabei kommt es zu keiner Vorstrafe der/des Beschuldigten, die Straftat scheint also etwa nicht im Strafregisterauszug (Leumundszeugnis) der/des Beschuldigten auf.
Folgende Möglichkeiten der diversionellen Erledigung bestehen:
* Zahlung eines Geldbetrags durch den/die Beschuldigte*n an den Staat
* Erbringung gemeinnütziger Leistungen
* Gewährung einer Probezeit von ein bis zwei Jahren, allenfalls unter Befolgung einer Weisung (z.B. sich einem Alkoholentzug oder einem Anti-Gewalt-Training zu unterziehen)
* Tatausgleich
Hält sich der/die Beschuldigte daran und wird er/sie nicht wieder straffällig, wird das Strafverfahren endgültig eingestellt.
Diversionell erledigt kann ein Strafverfahren aber nur dann werden, wenn auch auf Ihre Interessen als Opfer höchstmöglich Bedacht genommen wird. Es wird also meistens zu einer Schadensgutmachung oder zu einem Tatfolgenausgleich kommen müssen. Das gilt ganz besonders, wenn von der Verfolgung aufgrund eines Tatausgleichs zurückgetreten wird. In diesem Fall kommt es vereinfacht gesagt zu einer Ausgleichsvereinbarung.
Sie können sich das so vorstellen, dass die Staatsanwaltschaft eine*n Konfliktregler*in beauftragt, die/der zwischen Ihnen als Opfer und der/dem Beschuldigten als Vermittler auftritt. Voraussetzung dafür ist, dass die/der Beschuldigte Verantwortung übernimmt und bereit ist, mit den Folgen konfrontiert zu werden.
Ziel ist es, eine Art Vertrag zwischen Ihnen als Opfer und der/dem Beschuldigten niederzuschreiben, in dem sich die/der Beschuldigte zu einer Geldleistung oder einer sonstigen Wiedergutmachung an Sie verpflichtet. Dabei ist es wichtig, dass Ihren Interessen ausreichend entsprochen wird. Der Tatausgleich kann also in der Regel (aber nicht immer) nur dann zustande kommen, wenn Sie als Opfer zustimmen.
Unter Umständen kann eine diversionelle Erledigung des Strafverfahrens für Sie als Opfer ungerecht wirken. Gerade Sie würden sich ein ordentliches Strafverfahren, das gegen die/den Beschuldigte*n durchgeführt wird, möglicherweise wünschen.
Allerdings gibt es vor allem im Zusammenhang mit dem Tatausgleich durchaus auch Vorteile für Sie. So wird sich der/die Beschuldigte eher an den zwischen Ihnen und ihm/ihr abgeschlossenen Vertrag halten. Sie können dadurch viel schneller auf eine Gutmachung ihres entstandenen Schadens vertrauen. Hält die/der Beschuldigte diese Vereinbarungen nicht ein, wird ein Strafverfahren gegen sie/ihn geführt werden, und davor wird sie/er sich hüten. Außerdem müssen Sie an keinem nervenaufreibenden und zeitintensiven Gerichtsverfahren teilnehmen.
Sie haben zwar das Recht, an einem Tatausgleich teilzunehmen, Sie sind jedoch nicht dazu verpflichtet.
Vor allem Opfer von Gewalt in der Familie stehen häufig unter besonderem Druck. Die Lage in den eigenen vier Wänden ist nicht mehr erträglich und dennoch wird oft versucht, das „Familienband“ aufrechtzuerhalten und beispielsweise von einer Anzeige abzusehen.
Folgende Möglichkeiten stehen Ihnen – abgesehen von strafrechtlichen Schritten – zur Verfügung:
* Anonymer und unkomplizierter Kontakt der Frauenhelpline unter 0800 222 555 oder des Opfer-Notrufs 0800 112 112, um die nächsten Schritte zu überdenken.
* Einholen von Informationen bei Opferschutz-Einrichtungen wie den Gewaltschutzzentren/Interventionsstellen, Frauenberatungsstellen oder dem WEISSEN RING.
* Bei Gewalthandlungen wenden Sie sich umgehend an den polizeilichen Notruf 133. Für Gehörlose besteht die Möglichkeit, unter 0800 133 133 telefonisch und per Fax oder per E‑Mail an gehoerlosennotruf@polizei.gv.at polizeiliche Hilfe herbeizurufen.
* Bei Vorliegen eines gefährlichen Angriffs gegen Ihre Gesundheit, Freiheit oder gar Ihr Leben können die Polizeibeamt*innen die Person, von der der Angriff ausgehen könnte, sofort aus der Wohnung oder dem Haus wegweisen und ein Betretungsverbot für zwei Wochen aussprechen.
* Antrag auf einstweilige Verfügung für die Dauer von maximal sechs Monaten bei Gericht während des aufrechten Betretungsverbots.
* Bei Unzumutbarkeit schon eines Zusammentreffens mit der betreffenden Person können Sie ein Aufenthalts- bzw. Kontaktverbot für die Dauer von maximal einem Jahr bei Gericht erwirken.
Liegen die Voraussetzungen für eine Wegweisung bzw. ein Betretungsverbot vor, kann die Polizei dem Angreifer oder der Angreiferin alle Schlüssel zur Wohnung oder zum Haus abnehmen. Die weggewiesene Person darf dringend benötigte Gegenstände des persönlichen Bedarfes mitnehmen und sich über Möglichkeiten informieren, wo sie unterkommen kann.
In diesem Fall spielt keine Rolle, wer Eigentümer*in der Wohnung oder des Hauses ist. Ist etwa die gewalttätige Person Eigentümer*in, kann sie dennoch weggewiesen und ein Betretungsverbot gegen sie ausgesprochen werden.
Wird ein Betretungsverbot ausgesprochen, gilt dieses zwei Wochen lang. Mindestens einmal während der ersten drei Tage muss die Polizei bei der Wohnung oder dem Haus überprüfen, ob das Verbot eingehalten wird. Von der Verhängung des Betretungsverbots wird das zuständige Gewaltschutzzentrum oder eine Interventionsstelle informiert. Ein*e Mitarbeiter*in dieser Opferschutz-Einrichtung wird Sie kontaktieren und Ihnen bei den nächsten Schritten behilflich sein.
Die Missachtung des Betretungsverbots ist eine Verwaltungsübertretung. Sowohl für den/die Weggewiesene*n, der/die wieder in die Wohnung zu kommen versucht, als auch für das Opfer, das diese*n trotz aufrechten Betretungsverbots wieder einlässt, kann dies daher eine Geldstrafe nach sich ziehen.
Innerhalb dieser zwei Wochen haben Sie als Opfer von Gewalt in der Familie die Möglichkeit, eine einstweilige Verfügung bei Gericht zu beantragen. Wenn Sie diesen Antrag einbringen, verlängert sich das Betretungsverbot bis zur Entscheidung des Gerichts, längstens jedoch bis zu vier Wochen nach Verhängung des Betretungsverbots. Das dafür zuständige Gericht ist in aller Regel das Bezirksgericht, in dessen Sprengel Ihr Wohnsitz fällt. Die Verlängerung des Betretungsverbots hat den Sinn, dass es bis zur Entscheidung des Gerichts einen lückenlosen Schutz für Sie gibt.
Das Gericht prüft sodann in einem Eilverfahren, ob ein Zusammenleben zwischen Ihnen und der gewaltbereiten Person unzumutbar geworden ist. Das wird deswegen „Eilverfahren“ genannt, weil es schnell gehen muss und Sie diese Unzumutbarkeit vorerst lediglich bescheinigen müssen.
Unzumutbar ist das Zusammenleben dann, wenn Sie körperlich misshandelt wurden, wenn Ihnen immer wieder gedroht wurde oder wenn durch das Zusammenleben Ihre psychische Gesundheit beeinträchtigt wäre, weil Sie ständigem „Psychoterror“ ausgesetzt sind. Bescheinigen können Sie all das etwa durch Ihre Schilderungen oder durch Aussagen von Zeug*innen, durch ärztliche Befunde, Fotos oder Bestätigungen von Psychotherapeut*innen.
Das Gericht trägt dann in der einstweiligen Verfügung der gewaltbereiten Person auf, die Wohnung zu verlassen und verbietet etwa die Rückkehr in die Wohnung, in das Haus und die unmittelbare Umgebung dieser Wohnstätte. Eine solche Verfügung kann bis zu sechs Monate gelten. Wenn Sie in dieser Zeitspanne ein anderes bestimmtes Verfahren einleiten, etwa ein Scheidungsverfahren, kann die Schutzverfügung bis zur Beendigung dieses Verfahrens verlängert werden.
Wenn für Sie nicht (nur) das Zusammenleben sondern auch das Zusammentreffen mit einer Person unzumutbar ist, können Sie weitere Vorkehrungen bei Gericht beantragen. In einem solchen Fall wird der gewaltbereiten Person (zusätzlich) verboten, sich an bestimmten Orten aufzuhalten. Das kann Ihr Arbeitsplatz sein, die Schule oder der Kindergarten Ihres Kindes. Außerdem wird dieser Person aufgetragen, ein Zusammentreffen und eine Kontaktaufnahme mit Ihnen zu vermeiden. Bei einem Antrag auf eine solche Schutzverfügung (Aufenthalts- und Kontaktverbot) werden Ihre Interessen auf Schutz und die Interessen der anderen Person, sich an diesen Orten aufzuhalten, abgewogen. Die Entscheidung trifft die/der Richter*in.
Eine solche einstweilige Verfügung darf für maximal ein Jahr getroffen werden. Hält sich die gewaltbereite Person in diesem Jahr nicht an die Verfügung, kann sie wieder verlängert werden.
Nähere Informationen dazu finden Sie unter https://www.oesterreich.gv.at/themen/gesundheit_und_notfaelle/gewalt_in_der_familie/5/Seite.299450.html und https://www.oesterreich.gv.at/themen/gesundheit_und_notfaelle/gewalt_in_der_familie/5/Seite.299420.html.
Im Grunde genommen ist Stalking nichts anderes als „Psychoterror“, der im Strafgesetzbuch als „Beharrliche Verfolgung“ bezeichnet wird und zu einem Gefühl von Unsicherheit, Angst bzw Panik oder gar gesundheitlichen Schäden führen kann.
Der Straftatbestand der „Beharrlichen Verfolgung“ umfasst die
* Verfolgung oder Belästigung
* über eine längere Zeit hinweg
* durch Aufsuchen Ihrer räumlichen Nähe, die Herstellung des Kontakts zu Ihnen über Telekommunikation bzw. ein vergleichbares Mittel oder über Dritte, durch Bestellung von Waren oder Dienstleistungen unter Verwendung Ihrer personenbezogenen Daten, die Veranlassung Dritter zur Kontaktaufnahme unter Verwendung Ihrer personenbezogenen Daten oder die Veröffentlichung von Tatsachen oder Bildaufnahmen des höchstpersönlichen Lebensbereichs ohne Ihre Zustimmung
* Vorliegen einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Lebensführung des Opfers
* Strafdrohung von bis zu einem Jahr.
Wie können Sie sich bestmöglich gegen Stalking wehren?
* Informieren Sie sich beim Opfer-Notruf unter 0800 112 112, bei der Polizei unter 133 oder bei anderen zuständigen Einrichtungen über Ihre Möglichkeiten, Schutz zu erhalten.
* Teilen Sie der Person sofort und nur einmal ausdrücklich mit, dass Sie keinen Kontakt wünschen.
* Reagieren Sie nicht auf weitere lästige „Annäherungsversuche“, damit die Tatperson früher oder später die Lust an weiteren Kontaktaufnahmeversuchen verliert.
* Wenn Sie von einer fremden Person gestalkt werden (z.B. übers Internet), sollten Sie von Anfang an jede Reaktion vermeiden.
* Informieren Sie Ihr privates und berufliches Umfeld darüber, dass Sie von Stalking betroffen sind. Dadurch können auch Ihre Familienmitglieder, Freund*innen, Bekannte oder Arbeitskolleg*innen die Situation beobachten und Sie nötigenfalls warnen.
* Sie können sich auch an die Polizei wenden, die vorerst ein Gespräch mit dem/der Stalker*in zu führen versucht. Beachten Sie, dass sich Stalker*innen manchmal durch eine Verwarnung der Polizei abschrecken lassen.
* Dokumentieren Sie alle Briefe, E-Mails, SMS oder Anrufe der Tatperson und bewahren Sie diese zu Beweiszwecken auf.
* Es besteht die Möglichkeit, eine einstweilige Verfügung bei Gericht für maximal ein Jahr zu beantragen, um der Tatperson die Kontaktaufnahme zu Ihnen oder Ihre Verfolgung zu untersagen. Es kann der Tatperson verboten werden, sich an bestimmten Orten aufzuhalten, Ihre Daten weiterzugeben oder selbst oder durch Dritte mit Ihnen Kontakt aufzunehmen. Auch hierbei handelt es sich um ein Eilverfahren, in welchem aufbewahrte Briefe, E-Mails, ein besprochener Anrufbeantworter oder eine Mobilbox und natürlich auch Aussagen von Zeug*innen als Bescheinigungsmittel dienen können. Verstößt die Tatperson gegen die einstweilige Verfügung, kann diese verlängert werden.
Gewalt kann auch im Netz verübt werden und sich beispielsweise folgendermaßen äußern:
* Jemand bedroht mich, damit ich ein von dieser Person gewünschtes Verhalten setze oder ich mich fürchte.
* Jemand kontaktiert mich ununterbrochen, bringt andere dazu oder bestellt auf meinen Namen Sachen.
* Jemand veröffentlicht intime Fotos von mir oder Tatsachen über mich, die ich dieser Person im Vertrauen zugesendet habe, oder leitet solche an andere weiter.
* Jemand fordert über ein vielen Personen zugängliches Tool im Internet zu Straftaten auf oder diese Person huldigt auf dieselbe Weise eine begangene Straftat.
* Jemand beschuldigt mich einer Straftat, die ich gar nicht begangen habe.
* Jemand nimmt immer wieder auf eine von mir begangene Straftat Bezug, für die ich schon zur Verantwortung gezogen wurde.
* Jemand verbreitet unwahre Tatsachen über mich, die meinem Ansehen oder meiner Kreditwürdigkeit schaden.
* Jemand beschimpft oder verspottet mich.
* Jemand hetzt gegen Gruppen von Personen einer bestimmten Religion, Rasse, Hautfarbe, Herkunft, Geschlechts, Behinderung, Alters, sexuellen Ausrichtung oder Ähnlichem bzw. einzelne Personen solcher Gruppen, indem er zu Gewalt oder Hass gegen diese aufstachelt oder diese beschimpft.
Auch durch solche Handlungen können Straftatbestände erfüllt sein. Sollten Sie ein oben beschriebenes Verhalten wahrgenommen haben, können Sie bei einer Polizeiinspektion oder direkt bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstatten (Näheres dazu siehe oben). Folgende Deliktgruppen kommen in Betracht:
* Nötigung (§ 105 StGB) und gefährliche Drohung (§ 107 StGB),
* Beharrliche Verfolgung (§ 107a StGB) und Fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems (§ 107c StGB)
* Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen und Gutheißung mit Strafe bedrohter Handlungen (§ 282 StGB), Verhetzung (§ 283 StGB) und Verleumdung (§ 297 StGB),
* Kreditschädigung (§ 152 StGB),
* Üble Nachrede (§ 111 StGB), Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung (§ 113 StGB) und Beleidigung (§ 115 StGB),
Nach dem Mediengesetz kann man als Opfer von Hass im Netz unabhängig von einem Straf- oder Zivilverfahren verschiedene Ansprüche geltend machen. Ein solcher selbständiger Antrag nach dem Mediengesetz kann etwa auf Entschädigung, Einziehung bzw. Löschung der Medienstücke oder Urteilsveröffentlichung lauten.
Mit dem Gesetzespaket „Hass im Netz“ wurde darüber hinaus ein neues zivilgerichtliches Sonderverfahren eingerichtet, das als Eilverfahren für massive Fälle von Persönlichkeitsrechtsverletzungen zur Verfügung steht.
Bei diesem sogenannten Mandatsverfahren handelt es sich um ein Gerichtsverfahren, mit dem Betroffene rasch und kostengünstig bestimmte rechtsverletzende Inhalte (etwa Texte, Postings, Bilder) aus dem Internet beseitigen können. Dies ist dann möglich, wenn durch diese Inhalte die Persönlichkeitsrechte erheblich, nämlich in einer die Menschenwürde beeinträchtigenden Weise verletzt werden.
Ebenso steht das Mandatsverfahren zur Verfügung, um die Übersendung solcher Nachrichten über einen Messenger-Dienst (etwa WhatsApp, SMS, private Nachrichten auf Facebook etc.) zu unterbinden.
Die Klage im neuen Mandatsverfahren muss beim Bezirksgericht eingebracht werden.
Neben der von Hass im Netz betroffenen Person selbst kann auch die bzw. der Arbeit- oder Dienstgeber*in (etwa auch Vereine oder Körperschaften) gegen die Persönlichkeitsrechtsverletzung (das Hassposting) gerichtlich vorgehen. Das ist der Fall, wenn das Hassposting dazu führt, dass entweder die Möglichkeiten, die bzw. den Mitarbeiter*in einzusetzen, nicht unerheblich beeinträchtigt werden, oder dass das Ansehen der Arbeit- oder Dienstgeberin bzw. des Arbeit- oder Dienstgebers erheblich geschädigt wird.
Oft werden Inhalte im Internet anonym verfasst. Verletzen solche Inhalte Personen in ihren Persönlichkeitsrechten, haben die Betroffenen ein Interesse daran zu erfahren, wer hinter dem anonymen Eintrag steht, auch um gegen diese Personen gerichtlich vorgehen zu können. Mit dem Gesetzespaket „Hass im Netz“ wurde es wesentlich einfacher, diesen Auskunftsanspruch gegenüber der/dem Betreiber*in der Plattform auch durchzusetzen. Lassen Sie sich dazu beraten.
Opferrechte auf einen Blick
Dieses Erklärvideo von Bundeskriminalamt und WEISSEM RING Verbrechensopferhilfe fasst die zentralen Rechte von Opfern kurz und verständlich zusammen.